Politbetrieb
Ein kleines Wörterbuch
Ein Viertel der Mitglieder eines Rates oder der Bundesrat können die Einberufung der Räte zu einer ausserordentlichen Session verlangen. Dem Bundesrat und der Ratsminderheit wird mit diesem Recht die Möglichkeit gegeben, die parlamentarische Agenda mitzubestimmen.
Die Ratsminderheit und der Bundesrat haben lediglich das Recht, die Einberufung einer ausserordentlichen Session zu verlangen. Einberufen werden die Räte von ihren Ratsbüros. Diese legen den Zeitpunkt und die Traktanden der Session fest; sie können die durch die Urheber/innen des Antrags bezeichneten Beratungsgegenstände durch weitere ergänzen.
Die ausserordentliche Session wird in der Regel an eine ordentliche Session angehängt. Wenn die ausserordentliche Session jedoch verlangt wurde, um nachträglich einen dringlichen Nachtrags- oder Verpflichtungskredit zu genehmigen, der den Betrag von 500 Millionen Franken überschreitet, und dieses Einberufungsbegehren innert einer Woche nach der Zustimmung der Finanzdelegation eingereicht wurde, muss die ausserordentliche Session von Gesetzes wegen in der dritten Kalenderwoche nach Einreichung des Begehrens stattfinden. Von Verfassungs wegen muss der Bundesrat die unverzügliche Einberufung der Bundesversammlung verlangen, wenn er mehr als 4000 Angehörige der Armee für den Aktivdienst aufbietet oder wenn dieser Einsatz voraussichtlich länger als drei Wochen dauert.
Die Mitglieder des Bundesrates werden von der Vereinigten Bundesversammlung für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Die Gesamterneuerungswahlen finden in der Wintersession nach den Nationalratswahlen statt.
Scheidet ein Bundesratsmitglied vor Ablauf der Amtsdauer aus, so wird die dadurch entstandene Vakanz für den Rest der Amtsdauer wiederbesetzt. Die Ersatzwahl erfolgt in der Regel in der Session nach dem Erhalt des Rücktrittsschreibens oder dem unvorhergesehenen Ausscheiden.
Doch wie läuft eine Bundesratswahl ab: Wie werden die Wahlen organisiert? Wer zählt die Stimmen? Katrin Marti, die für die Parlamentsdienste bei der Stimmenauszählung assistiert, verrät uns mehr darüber.
Die Ratsmitglieder erhalten ein Einkommen sowie Spesenentschädigungen, eine Distanzentschädigung, Leistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft, einen Vorsorgebeitrag, ergänzende Leistungen im Invaliditäts- und Todesfall sowie ergänzende Leistungen zur kantonalen Familienzulage. Das parlamentarische Entschädigungssystem ist ein Arbeitsentgelt- und Auslagenersatzsystem. Einzig der Distanzentschädigung und dem parlamentarischen Vorsorgesystem liegt das Prinzip des Erwerbsersatzes zugrunde.
Fraktionen umfassen Angehörige der gleichen Partei oder gleichgesinnter Parteien. Die Bildung einer Fraktion ist möglich, wenn ihr mindestens fünf Ratsmitglieder aus einem der beiden Räte beitreten und die Koordinationskonferenz die Genehmigung zu ihrer Bildung erteilt.
Die Fraktionen zählen zu den Organen der Bundesversammlung. Sie beraten wichtige Ratsgeschäfte (Wahlen und Sachgeschäfte) vor und versuchen, sich auf einheitliche Positionen festzulegen, die von ihren Mitgliedern im Rat sowie gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit vertreten werden.
Die Ratsmitglieder müssen beim Amtsantritt und jeweils auf Jahresbeginn das Büro ihres Rates schriftlich über ihre Interessenbindungen informieren. Die Parlamentsdienste erstellen dazu ein öffentliches Register und publizieren es im Internet.
Die Offenlegung der Interessenbindungen dient der Transparenz über die politischen Interessenverflechtungen zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.
Kommissionen sind Ausschüsse des Parlaments, die aus einer begrenzten Anzahl von Ratsmitgliedern bestehen. Sie haben grundsätzlich die Aufgabe, die ihnen zugewiesenen Geschäfte vorzuberaten. Darüber hinaus verfolgen sie die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in ihrem Zuständigkeitsbereich und arbeiten Vorschläge aus.
Der Nationalrat verfügt über 12 ständige Kommissionen (9 Sachbereichs-, 2 Aufsichtskommissionen und die Immunitätskommission), der Ständerat über 11 (9 Sachbereichs- und 2 Aufsichtskommissionen). Neben den ständigen Kommissionen können die Ratsbüros zur Beratung eines bestimmten Geschäftes auch Spezialkommissionen bestellen.
Die Räte haben nicht nur getrennte, sondern auch gemeinsame Kommissionen (die Redaktionskommission und die Delegationen im Bereich der international parlamentarischen Beziehungen). Die Vereinigte Bundesversammlung verfügt ebenfalls über eigene Kommissionen.
Lobbyistinnen und Lobbyisten vertreten die Interessen von Verbänden, Firmen oder Organisationen bei den Ratsmitgliedern, gehören dem Parlament selber aber nicht an. Lobbyisten können Zugang zum Parlamentsgebäude erhalten, wenn ihnen ein Ratsmitglied eine Zutrittskarte ausstellen lässt. Jedes Ratsmitglied kann Zutrittskarten für zwei Personen ausstellen lassen.
Vorstösse können von mehreren Ratsmitgliedern unterzeichnet werden. Das Ratsmitglied, das als erstes unterzeichnet, gilt als Urheberin oder Urheber, die andern sind Mitunterzeichner. Mit zunehmender Zahl von Mitunterzeichnenden gewinnt ein Vorstoss an politischem Gewicht.
Die Bundesversammlung – das Schweizer Parlament – besteht aus zwei gleichberechtigten Kammern, dem Nationalrat und dem Ständerat. Der Nationalrat hat 200 Sitze. Diese werden aufgrund der Bevölkerungszahl auf die 26 Kantone verteilt. Der Nationalrat wird daher oft auch als «Volkskammer» bezeichnet.
Jährlich finden vier ordentliche, jeweils drei Wochen dauernde Sessionen statt:
die Frühjahrssession (Februar/März)
die Sommersession (Juni)
die Herbstsession (September/Oktober) und
die Wintersession (November/Dezember).
Die genauen Sessionsdaten werden rund zwei Jahre im Voraus von der Koordinationskonferenz festgelegt.
Wenn Vorkommnisse von grosser Tragweite abgeklärt werden müssen, können die Räte eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einsetzen. Ihre Einsetzung erfolgt durch einen einfachen Bundesbeschluss, der mittels einer parlamentarischen Initiative initiiert wird.
Eine PUK hat die gleichen Informationsrechte wie die Delegationen der Aufsichtskommissionen (Geschäftsprüfungsdelegation, Finanzdelegation). Sie kann insbesondere Personen als Zeugen befragen und die Protokolle und Unterlagen der Bundesratssitzungen einsehen. Die PUK kann zudem einen Untersuchungsbeauftragten für die Beweiserhebung einsetzen.
Die Parlamentsdienste sind die Stabsstelle des Parlaments. Sie unterstützen die Bundesversammlung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben: Sie planen und organisieren die Sessionen und die Sitzungen der Kommissionen, erledigen die Sekretariatsgeschäfte und erstellen Berichte, Protokolle sowie Übersetzungen, beschaffen und archivieren Dokumente und beraten die Ratsmitglieder in Fach- und Verfahrensfragen. Die Parlamentsdienste stehen unter der Leitung der Generalsekretärin oder des Generalsekretärs der Bundesversammlung und unter der Aufsicht der Verwaltungsdelegation.
Nationalratswahlen
Die Gesamterneuerungswahlen des Nationalrates finden alle vier Jahre, jeweils am zweitletzten Sonntag im Oktober, statt. In den Nationalrat wählbar sind alle Schweizerinnen und Schweizer, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und die nicht wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden. Eine Wiederwahl ist möglich; die Bundesgesetzgebung sieht keine Amtszeitbeschränkung vor.
Die Nationalratsmitglieder werden vom Volk in direkter Wahl gewählt. Jeder Kanton bildet einen Wahlkreis. Die Wahlen erfolgen nach dem Proporzsystem. In Kantonen jedoch, denen im Nationalrat nur ein Sitz zusteht, finden Majorzwahlen statt. Bei der Proporzwahl (Verhältniswahl) werden die Sitze im Verhältnis zu den erzielten Stimmen auf die Parteien verteilt; erst anschliessend erhalten die Kandidatinnen und Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen die Sitze, welche ihre Partei errungen hat. Bei der Majorzwahl ist gewählt, wer am meisten Stimmen erhält.
Ständeratswahlen
Der Ständerat wird nach kantonalem Recht gewählt. 45 seiner insgesamt 46 Mitglieder werden an der Urne, d. h. in geheimer Wahl, gleichzeitig mit den Mitgliedern des Nationalrates gewählt. In Appenzell Innerrhoden wählt die Landsgemeinde (Versammlung aller Stimmbürgerinnen und Stimmbürger) die Ständevertretung jeweils im April vor den Nationalratswahlen. In den Kantonen Jura und Neuenburg wird das Proporzverfahren, in den anderen Kantonen das Majorzverfahren angewandt.
In allen Kantonen sind nur Schweizerinnen und Schweizer, welche das 18. Altersjahr zurückgelegt haben, wählbar. Die Kantonsverfassung von Glarus legt eine Alterslimite fest: Seine Standesvertreter scheiden mit der Vollendung des 65. Lebensjahres auf die darauffolgende Landsgemeinde bzw. auf Ende Juni aus dem Amt aus. Der Kanton Jura hingegen kennt eine Amtszeitbeschränkung: Die jurassischen Ständeratsmitglieder können nur zweimal in Folge wiedergewählt werden.
Als Session bezeichnet man die sich über einen bestimmten Zeitraum erstreckende Sitzungsperiode, in der das Parlament zusammentritt. Unterschieden wird zwischen:
den ordentlichen Sessionen,
den Sondersessionen,
den ausserordentlichen Sessionen und
den Sessionen in ausserordentlichen Lagen.
Die Bundesversammlung – das Schweizer Parlament – besteht aus zwei gleichberechtigten Kammern, dem Nationalrat und dem Ständerat.
Im 46-köpfigen Ständerat stellen die Kantone je zwei Abgeordnete, die ehemaligen Halbkantone je eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten. Der Ständerat wird daher auch «Kantonskammer» genannt.
Nationalrat und Ständerat stimmen elektronisch ab. Bei Wahlen, wenn die Abstimmungsanlage ausfällt und bei geheimer Beratung kommen aber nach wie vor Stimmenzählerinnen und -zähler zum Einsatz.
Der Nationalrat wählt vier Stimmenzählerinnen und -zähler und vier seiner Mitglieder als Ersatz. Im Ständerat wird eine Stimmenzählerin oder ein Stimmenzähler und eine Ersatzstimmenzählerin oder ein Ersatzstimmenzähler gewählt. Im Nationalrat sind nur die Stimmenzählerinnen oder die Stimmenzähler, im Ständerat ist auch die Ersatzstimmenzählerin resp. der Ersatzstimmenzähler Mitglied des Büros.
Die Stimmenzählerinnen und -zähler werden für eine Amtsdauer von vier Jahren (Nationalrat) bzw. einem Jahr (Ständerat) gewählt.
Die beiden Räte, d. h. der Nationalrat und der Ständerat, verhandeln in der Regel getrennt. Beratungsgegenstände, die für eine getrennte Behandlung in den Kammern nicht geeignet sind, werden von den Räten jedoch als Vereinigte Bundesversammlung gemeinsam behandelt. Die Bundesverfassung zählt diese abschliessend auf.
Die Vereinigte Bundesversammlung versammelt sich, um
- Wahlen vorzunehmen,
- Entscheide bei Zuständigkeitskonflikten zwischen den obersten Bundesbehörden zu fällen und
- Begnadigungen auszusprechen.
Sie versammelt sich zudem bei besonderen Anlässen und zur Entgegennahme von Erklärungen des Bundesrates.
Aufgrund seiner grösseren Mitgliederzahl hat der Nationalrat in der Vereinigten Bundesversammlung und in ihren Kommissionen ein grösseres Gewicht als der Ständerat, was eine Abweichung vom sonst geltenden Grundsatz der Gleichstellung beider Räte darstellt.
Vorstösse sind parlamentarische Handlungsinstrumente, mit denen Ratsmitglieder, Fraktionen und Kommissionen Anstösse für Massnahmen oder für neue Rechtsbestimmungen geben sowie Auskünfte oder Berichte verlangen können. Adressat der Vorstösse ist in der Regel der Bundesrat.
Es sind folgende Vorstossarten zu unterscheiden:
- Motion
- Postulat
- Interpellation
- Anfrage
- Frage in der Fragestunde (Nationalrat)
Mit Motionen und Postulaten werden Aufträge erteilt. Interpellationen, Anfragen und Fragen in der Fragestunde sind hingegen Frageinstrumente.
Motionen müssen von beiden Räten, Postulate von einem Rat angenommen werden. Die übrigen Vorstösse werden unmittelbar nach ihrer Einreichung der zuständigen Behörde (i.d.R. dem Bundesrat) überwiesen.
Parlamentarische Initiativen sind keine Vorstösse im rechtlichen Sinne.
Die Wandelhalle befindet sich im Parlamentsgebäude. Sie umschliesst in einem lang gezogenen Bogen den Nationalratssaal an seiner Südseite.
In der Wandelhalle besprechen und treffen sich die Ratsmitglieder während der Sessionen, geben Interviews und empfangen auch Lobbyisten und Besucher aus der Bevölkerung. Ausserdem dient sie repräsentativen Zwecken, z. B. für Staatsempfänge durch den Bundesrat.
Quelle:
Parlamentswörterbuch der Parlamentsdienste, CH-3003 Bern
www.parlament.ch